Deutsch Französisch
Wissen ebi-aktuell Pflanzenporträt: Mistel (Viscum album)

Pflanzenporträt: Mistel (Viscum album)

In unserer Serie Pflanzenporträt stellen wir Ihnen verschiedene Heilpflanzen näher vor. Dieses Mal widmen wir uns der Mistel (Viscum album). Aufgrund ihrer biologischen Besonderheiten, ihrer Wichtigkeit als Kultur- und Heilpflanze oder auch als Kunstmotiv erregt die Mistel seit rund 2000 Jahren das Interesse der Menschen. Die Pflanze kann jedoch auch Schäden an Bäumen verursachen, den Misteln sind Halbparasiten.

Von Simone Walther Büel Diplomierte Journalistin/Mitarbeiterin Marketing Services & Kommunikation bei der ebi-pharm ag  

eine mistel pflanze

Vorkommen und Zuordnung

Weltweit gibt es zirka 1100 Pflanzenarten, die als «Misteln» bezeichnet werden. Die Gattung «Viscum» umfasst 70 immergrüne Arten, von denen in Europa nur zwei vertreten sind, die rotbeerige und die weissbeerige Mistel. Die rotbeerige Mistel kommt nur im Mittelmeerraum vor. Alle Misteln in der Schweiz gehören deshalb zur Art «Visucmu album», also der weissbeerigen Mistel. Je nach Wirtsbaum unterscheidet man folgende Unterarten:

  • Tannenmistel (nur an Weisstannen)
  • Föhrenmistel (an Waldföhren, Schwarzföhren, aufrechten Bergföhren und sehr selten auch an Fichten)
  • Laubholzmistel (an weit über 10 verschiedenen Laubbaumarten und auch an Sträuchern. Nie besiedelt werden Buchen, und nur sehr selten Eichen)

In der Schweiz ist die Mistel in den grossen Haupttälern der Alpen (Rhein, Reuss, Rhone) über das Voralpen- und Mittelland bis hin zum Jura mehr oder weniger stark verbreitet. Die Pflanze benötigt ein relativ warmes Klima, wobei nicht die Wintertemperaturen, sondern diejenigen des Sommers (Föhntäler) den Ausschlag geben. Das erklärt, weshalb die Mistel kaum über 1200 Metern anzutreffen ist. Seit Ende der Sechzigerjahre häufen sich in der Schweiz die Meldungen über eine Zunahme von Misteln an Tannen und Föhren. Die möglichen Ursachen für ein lokal vermehrtes Auftreten der Pflanze sind noch nicht vollständig erforscht. Man vermutet, dass beispielsweise durch Trockenheit oder Insektenbefall geschwächte Bäume besonders gefährdet sind.

Wo sie wächst

Die Mistel gilt als Halbparasit. Dies, weil die Pflanze kein typisches Wurzelwerk ausbildet. Stattdessen wächst sie auf einem Wirt, für gewöhnlich ist das ein Baum. Die Mistel bildet so genannte Saugwurzeln, mit denen sie in das Holz des Wirtbaumes eindringt. Sobald sie in ihren Wirtsbaum eingedrungen ist, bezieht sie von diesem Wasser und Nährstoffe. Weil die Mistel aber, im Gegensatz zu anderen Schmarotzern, selbstständig Photosynthese betreiben kann und somit die Stoffwechselprodukte ihres Wirtsbaumes nicht benötigt, gilt sie nur als Halbparasit.

Normalerweise sterben Bäume, die von Misteln besiedelt werden, nicht ab, denn es ist nicht im Interesse der Mistel, ihre eigene Nahrungsgrundlage zu zerstören. Bei einem sehr starken Mistel-Befall können jedoch insbesondere Apfelbäume doch Schaden nehmen und auch absterben, weshalb die Mistel im Obstanbau nicht gerne gesehen ist.

Wie die Mistel auf den Baum kommt

Damit der Halbparasit aber überhaupt auf den Baum kommt und sich dort einnisten kann, benötigt er Helfer, die seine Samen dorthin transportieren. Da kommen die Vögel mit ins Spiel, denn Früchte und Samen der Mistel sind wichtige Bestandteile der Winternahrung vieler Vogelarten. Durch das Auszupfen der Beeren durch die Vögel wird die ledrig-zähe Fruchtwand der Beere verletzt, die der Mistelkeimling ohne Hilfe von aussen selbst nicht zu durchdringen vermöchte. Der Mistelsamen wird nun entweder über den Kot der Vögel (die Mistelbeeren verbleiben nur kurz im Verdauungstrakt der Vögel) oder die klebrigen Beeren, die am Schnabel der Tiere hängen bleiben und von ihnen an den Ästen des Baumes abgestreift werden, auf dem Wirt verteilt. Vögel und Misteln profitieren somit gegenseitig voneinander.


Die Verwendung in der Volksmedizin

Als Arzneipflanze hat die Mistel eine lange Tradition. Auch heute wird die Mistel noch immer vielseitig in der Naturheilkunde eingesetzt, z.B. begleitend bei Bluthochdruck, bei Schwindelgefühlen, bei Arteriosklerose und Herzschwäche. Besonders bekannt ist die Verwendung der Mistel in der Krebstherapie, das geht auf den Anthroposophen Rudolf Steiner (1861-1925) zurück. Zum Einsatz der Mistel in der Krebstherapie wird seither viel geforscht. Gemäss neusten Erkenntnissen besitzen die Mistelpräparate immunverändernde Eigenschaften. Sie verbessern die Lebensqualität von Krebskranken und machen die Nebenwirkungen einer Strahlen- und Chemotherapie erträglicher.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Die Mistel besitzt mild blutzuckersenkende, blutstillende, krampflösende, beruhigende, entzündungshemmende, durchblutungsfördernde und tonisierende Eigenschaften.

Man kennt mittlerweile bis zu 1700 Inhaltsstoffe der Mistel. Besonders gut untersucht sind dabei die Lektine und Viscotoxine. Doch auch andere Inhaltstoffe tragen zu ihrer Heilkraft bei. Hier einige der bekanntesten Inhaltsstoffe der Mistel und die ihnen zugeschriebenen Wirkweisen:

  • Mistellektine
    Lektine sind Proteine, die Zucker enthalten. Lektine wirken apoptotisch, also zellzerstörerisch. Die Apoptose ist eine Form des programmierten Zelltodes – sozusagen ein «Suizidprogramm» einzelner biologischer Zellen – und ein physiologisch wichtiger Prozess.

  • Viscotoxine 
    Viscotoxine haben ebenfalls einen sehr hohen Proteingehalt. Sie sollen stimulierend auf das Immunsystem wirken, insbesondere auf die so genannten T-Zellen.

  • Oligo- und Polysaccharide
    Oligosaccharide sind Mehrfachzucker. Sie sind für einen stabilen Blutzucker nützlich und können sich zudem positiv auf die Darmflora auswirken. Auch Polysaccharide sind komplexe Kohlenhydrate, die als Energiespeicher dienen und zusätzlich Immunsystem und Zellen stärken.

  • Flavonoide
    Flavonoide haben insbesondere antivirale und antibakterielle aber auch antioxidative Eigenschaften.

  • Triterpene
    Triterpene haben – ähnlich wie die Flavonoide – antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften.

Sieht man sich das Wesen der Mistel an, fällt auf, dass sie nur dem Wasser und Luftelement unterstellt ist und sich ganz dem Wirkungsbereich der Erde und des Feuers entzieht. Auf den Menschen übertragen entsprechen die Elemente Luft und Wasser den Gefühlen und der Lebensenergie, die Mistel kann somit innere Ruhe und Schwerelosigkeit vermitteln.


Die Mistel in der Mythologie

Die Mistel ist eine der wenigen Pflanzen, die in unterschiedlichen Mythologien gleichermassen bekannt ist. Ob Griechen, Kelten oder Germanen, der Halbparasit kommt in zahlreichen Sagen und Legenden vor. Bei den Kelten galt die Mistel als heilig, insbesondere jene auf Eichen, so dass sie wohl von den keltischen Druiden für magische Rituale genutzt wurde. Bei den Galliern, einem keltischen Stamm, galt die Mistel zudem als Symbol des ewigen Lebens. Mit den Galliern verbinden die meisten von uns sofort Asterix und Obelix. Und da gibt ja eben auch noch den Druiden Miraculix, der mit seiner goldenen Sichel die Misteln in den Bäumen schneidet.

In der germanischen Mythologie hingegen hat die Mistel eine andere Rolle: Hier soll der Sonnengott Balder durch einen Pfeil aus einem Mistelzweig getötet worden sein.

Noch heute verbreitet die Mistel ihre Magie: Man findet sie vor allem zur Weihnachtszeit als pflanzlichen Schmuck an Häusern. In Skandinavien und England bedeutet ein Kuss unter dem Mistelzweig eine schöne Zukunft für Paare. In Frankreich werden an Neujahr Freunde und Verwandte unter einem Mistelzweig geküsst, das soll Glück für das kommende Jahr bringen.


Literatur:

  • «Die Kräuter in meinem Garten», Siegrid Hirsch & Felix Grünberger, ISBN 3-8289-2128-0
  • «Pflanzliche Urtinkturen – Wesen und Anwendung», Roger und Hildegard Kalbermatten, ISBN 978-3-03800-601-5


Links zu weiteren Pflanzenporträts: 






 

Unsere ebi-pharm Podcast-Kanäle

 
Autor/in:
Simone Walther Büel
Tags zum Bericht:
Unternehmenskommunikation

Ähnliche Beiträge

So tickt das ebi-pharm Produkt Management

Was gehört zu den Aufgaben einer Produktmanagerin bei der ebi-pharm? Was macht diesen Job so vielseitig?

Longevity – Gesund alt werden

Langlebigkeit gewinnt in unserer modernen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung, da unsere Lebenserwartung stetig gestiegen ist.

Gesunde Zähne, gesunder Mensch – das Prinzip der ganzheitlichen Zahnmedizin

Sind die Zähne krank, kann sich das in körperlichen oder seelischen Beschwerden niederschlagen – und umgekehrt ...

Im Gespräch mit CEO Stefan Binz

Stefan Binz im Interview mit Philipp Kissling für das astrea bulletin: «Wir sind Fürsprecher der Komplementärmedizin und Brückenbauer zwischen der Schul- und Erfahrungsmedizin».