ADHS – Was bietet die Komplementärmedizin für Möglichkeiten?
ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung. Von ADHS spricht man heute schnell einmal, wenn ein Kind unaufmerksam und zappelig ist. Dabei wird bei Zappelphilippen und Zappelphilippas oft vorschnell diese Störung vermutet. Wichtig ist eine fundierte Diagnose durch einen spezialisierten Facharzt. Danach lassen sich die geeigneten Therapiebausteine zusammenstellen.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen ADS und ADHS?
Der Unterschied zwischen ADS und ADHS besteht im Wesentlichen im «H», also zur Aufmerksamskeits-Defizit-Störung, kommt bei ADHS noch die Hyperaktivität hinzu. Während ADS- Kinder eher verträumt sind und häufig geistesabwesend wirken und in der Schule nur langsam vorankommen, zeichnen sich ADHS-Kinder durch eine motorische Unruhe aus. Sie sind unaufmerksam und können kaum stillsitzen.
Nicht jeder Zappelphilipp hat ADHS
Experten gehen davon aus, dass ADHS bei Kindern häufig vorschnell diagnostiziert wird. Nicht jedes besonders aktive und quirlige Kind hat ADHS. Manche Kinder haben einfach zu wenig Bewegung, um ihre ganze Energie loszuwerden. Andere Kinder benötigen mehr Rückzugs- und Erholungsmomente als der Durchschnitt der Kinder und sind deshalb überdreht. Der Lebensstil unserer modernen Gesellschaft trägt zudem einiges dazu bei, dass Kinder mit ADHS-Veranlagung ihre Verhaltensauffälligkeiten kaum kompensieren können. Zum Beispiel:
- werden Kinder heute häufig zur Schule gefahren, statt dass sie zu Fuss gehen
- wird im Haus gespielt, statt draussen an der frischen Luft
- sitzen die Kinder vor dem Fernseher, statt dass sie im Freien in der Erde buddeln und rumklettern
- bieten offene Schul- und Kindergartenkonzepte häufig wenig Struktur- und Ankerpunkte, was für Kinder mit ADHS-Veranlagung jedoch gerade sehr wichtig wäre
Potenzieren sich dann die Verhaltensauffälligkeiten und wird die Situation für das Kind und dessen Umfeld zu belastend, ist eine genaue Diagnostik durch einen erfahrenen Kinderarzt beziehungsweise Kinder- und Jugendpsychiater wichtig. Eine Diagnose kann den Wendepunkt bedeuten, da sich aus ihr ein anderes Verständnis, die Bereitschaft für ein Umdenken sowie heilsame Massnahmen für das Kind und sein soziales Umfeld entwickeln lassen. Häufig reichen dann Änderungen im Lebensstil schon aus, um die Lage zu entspannen.
Komplementärmedizinische Therapiebausteine bei ADHS
Eine sehr wichtige Rolle spielt sowohl bei der schulmedizinischen wie bei der komplementärmedizinische Therapie zuerst einmal die Aufklärung und Beratung der Eltern und der Lehrer des betroffenen Kindes oder Jugendlichen. Das trägt viel zur Entspannung der Situation bei. Ab dem Schulalter macht eine kognitive Verhaltenstherapie für das Kind Sinn, da lernt es impulsives und unorganisiertes Verhalten zu kontrollieren. Bei einer schulmedizinischen Behandlung werden zudem auch Medikamente eingesetzt. Gemäss einer Stellungnahme der schweizerischen Fachgesellschaft ADHS vom Oktober 2017 wird rund die Hälfte der ADHS-Betroffenen medikamentös behandelt. Das bekannteste Medikament ist Methylphenidat (z.B. Ritalin). Da das Medikament auch Nebenwirkungen hat, schöpfen Eltern häufig zuerst andere Behandlungsmethoden aus und hier bietet die Komplementärmedizin nützliche Therapiebausteine an. Dazu zählen:
Ernährung
Wie bei allen gesundheitlichen Störungen hat die Ernährung auch bei ADHS einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. So erschien 2017 in Pediatrics eine Studie¹, die zeigt, dass eine ungesunde Ernährung das ADHS-Risiko deutlich erhöhen kann. Die Forscher kommen zum Schluss, dass bei ADHS nicht nur ausgewählte Mikronährstoffe, sondern die Gesamternährung berücksichtigt werden sollte. Sie empfehlen eine mediterrane Ernährung. Das heisst, dass man hauptsächlich frische und selbst zubereitete Lebensmittel zu sich nehmen sollte. Negativ wirken sich bei Hyperaktivität unter anderem zu viel Zucker, Junkfood, Weissmehl, phosphathaltige Nahrungsmittel (Schmelzkäse, Wurst, Softdrinks, Schokolade, Gummibärchen) aus. Sie verstärken den Bewegungsdrang und vermindern die Konzentrationsfähigkeit.
Mikronährstoffe
Mikronährstoffmängel scheinen ADHS wahrscheinlicher zu machen und bei vorhandenem ADHS die Symptome zu verstärken. So hat man zum Beispiel festgestellt, dass der Vitamin-D-Spiegel bei ADHS-Kindern deutlich niedriger war als bei gesunden Kindern. Erwachsene mit niedrigen Vitamin B2, B6 und B9 Spiegel erhielten zudem eher eine ADHS-Diagnose als Menschen mit einer guten Vitaminversorgung. Eine bedeutende Rolle spielt auch eine genügende Versorgung des Körpers mit Omega-3 Fettsäuren. Eine ausreichende Versorgung mit EPA und DHA ist wichtig für die Erhaltung einer normalen Gehirnfunktion. Omega-3 Fettsäuren können die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit verbessern. Auch Magnesium ist wichtig für kognitive Funktionen in unserem Körper. Deshalb wird Magnesium-Mangel auch mit kognitiven Störungen, wie ADHS eine ist, in Verbindung gebracht. In wissenschaftlichen Untersuchungen² mit Kindern, die an ADHS leiden, konnten deutliche Besserungen der Symptome durch eine ausreichende Zufuhr von Magnesium erzielt werden. Bei einer ADHS-Diagnose empfiehlt sich, ein persönlicher Vitalstoffspiegel erstellen zu lassen, um zu sehen, wo Mängel vorliegen und diese dann wo nötig mit entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln auszugleichen.
Gesunder Darm
Auch der Darm sollte bei einer ganzheitlichen ADHS-Therapie auf alle Fälle mitberücksichtigt werden. So gibt es Hinweise, dass ein gesunder Darm auch den Hirnstoffwechsel positiv beeinflussen kann. Da spielt die so genannte Darm-Hirn-Achse eine Rolle. Als Darm-Hirn-Achse bezeichnet man die Verbindung von Darm und Gehirn, die über unterschiedliche Wege, vor allem aber über den Vagusnerv, besteht. Hier sind die beiden Organe neuronal vernetzt und kommunizieren mithilfe verschiedener Botenstoffe miteinander. Der Darm besitzt neben der Darmflora, dem so genannten Mikrobiom auch ein aus mehreren 100 Millionen Nervenzellen bestehendes, vollkommen autonomes Nervensystem, das so genannte enterische Nervensystem (ENS). Da das ENS den Grossteil unserer Verdauung selbstständig steuert, wird es häufig als «Bauchhirn» oder «Darmhirn» bezeichnet. Prozesse im Darm beeinflussen unsere Emotionen, Gedanken und teilweise auch unsere geistige Leistung. Dies geschieht durch die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe, die massgeblich unsere Stimmung beeinflussen können. Somit kann der Darm uns glücklich oder traurig, aktiv oder lustlos werden lassen und unsere Gefühle wie ein zweites Gehirn steuern. Wenn das Milieu im Darm-Mikrobiom gestört ist, kann der Darm mit passenden Probiotika unterstützt werden.
Ätherische Öle
Ätherische Öle werden ebenfalls als Unterstützung bei ADHS eingesetzt. Meistens werden Öle mit einem hohen Sesquiterpen- oder Sesquiterpenol-Gehalt verwendet. Bei diesen beiden Substanzen handelt es sich um bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, die den ätherischen Ölen eine besondere Wirkung verleihen. So mildern sie Unruhe, gelten generell als beruhigend und angstlösend und sollen auch das Selbstvertrauen stärken. Zu den ätherischen Ölen, die reich an Sesquiterpenen sind, gehören zum Beispiel Vetiveröl (Vetiver ist ein Gras aus der Familie der Süssgräser), Kamillenöl, und Sandelholzöl. Ein weiteres hilfreiches ätherisches Öl ist der Alleskönner unter den ätherischen Ölen, das Lavendelöl. Der Lavendel hat einen beruhigenden Einfluss auf Körper und Geist. Lavendelöl ist äusserst mild und daher sehr gut verträglich.
Bewegung
Bei Kindern, die nicht stillsitzen und sich nur schwer konzentrieren können, können gezielte sportliche Aktivitäten eine sehr gute Wirkung zeigen. Eine naturheilkundliche Behandlung sollte also immer darauf abzielen, den Kindern ausreichend Bewegung, am besten in der Natur, zu verschaffen. Die Deutsche Gesellschaft für Prävention empfiehlt zudem Trampolinspringen als unterstützende Handlung bei neurologischen Störungen wie ADHS und Autismus. Begründet wird dies mit dem besonderen Training der Tiefensensibilität und des Gleichgewichtssinns sowie der damit verbundenen Harmonisierung der Aktivität der beiden Gehirnhälften untereinander.
Regeln / Alltagsstruktur
Für Kinder mit ADHS ist es besonders wichtig, dass sie eine klare Alltagsstruktur haben. Ideal ist es, wenn man mit dem Kind einen Tages- und einen Wochenplan mit einem festen Ablauf erstellt. Je nach Alter des Kindes kann das schriftlich oder mit Bildern festgehalten werden. Dabei sollte auch immer genügend Zeit für gemeinsame Aktivitäten und Ruhephasen eingebaut sein. Wenn das Kind noch kein Zeitgefühl hat, kann ein Wecker hilfreich sein, der jedes Mal klingelt, wenn eine Phase des Tages abgeschlossen ist. Wertvoll für ADHS-Kinder sind zudem klare Anweisungen. Sie geben dem Kind Sicherheit und Orientierung. Wichtig: Lieber weniger Anweisungen und Regeln vorgeben, dafür darauf achten, dass diese auch konsequent umgesetzt und eingehalten werden. Sich beim Erteilen von Anweisungen immer versichern, dass das Kind wirklich zuhört, indem man Blickkontakt herstellt und eventuell auch Körperkontakt (z.B. leichtes Berühren am Arm).
Schlafverhalten
ADHS und Schlafprobleme sind bei Kindern und Erwachsenen mit ADHS im Laufe ihres Lebens oft eng miteinander verflochten. ADHS-Betroffene haben am Abend häufig Mühe «runterzukommen» und die nötige Ruhe zum Einschlafen zu finden. Da kann es hilfreich sein, jeden Abend ein immer gleich ablaufendes Ritual vor dem Schlafgehen zu haben. Beim Kind kann das zum Beispiel eine Gute-Nacht-Geschichte sein, Erwachsene können zum Beispiel immer die gleiche Entspannungsübung oder das Hören eines beruhigenden Musikstücks einplanen. Zudem sollte am Abend und in der Nacht nicht mehr in Bildschirme gestarrt werden, wegen dem blauen Licht und auch Koffein ist vor dem Schlafengehen natürlich Tabu. Wenn Schlafprobleme bei der Behandlung von ADHS nicht miteinbezogen werden, dann ist das suboptimal, da zu wenig Schlaf zu Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsproblemen und zu Reizbarkeit führt.
ADHS unbehandelt kann schulische und berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen
ADHS gehört zu den häufigsten psychischen Störungen in der Kindheit. In vielen Fällen bleibt die Störung zudem bis ins Erwachsenleben bestehen, häufig fällt im Erwachsenenalter die Hyperaktivität weg oder ist weniger ausgeprägt, so dass man dann von ADS spricht. Wenn es bei einem Kind Anzeichen für eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung gibt, hilft eine klare Diagnose, um anschliessend die geeigneten Therapiemassnahmen zu ergreifen. Wenn die Störung nicht behandelt wird, beeinträchtig dies oft die schulische und berufliche Leistungsfähigkeit und die sozialen Kontakte der betroffenen Person. Wie ein ADHS-Kind behandelt wird, entscheiden letztlich immer die Eltern in Absprache mit dem Kind. Eine medikamentöse Behandlung kommt meist erst zum Zuge, wenn andere Massnahmen nicht oder nicht genügend wirksam sind. Die wichtigste Rolle bei diesem Entscheid sollte immer der Leidensdruck des Kindes spielen.
Literatur
Links
Schweizerische Fachgesellschaft ADHS - Home (sfg-adhs.ch)
Leistungsdruck bei Kindern - ebi-pharm.ch
Podcast
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- Autor/in:
- Simone Walther Büel
- Tags zum Bericht:
-
Unternehmenskommunikation
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