Vegan leben – mehr als ein Trend?
Die vegane Lebensweise gewinnt immer stärker an Bedeutung. Gemäss der aktuellsten und umfassendsten Umfrage der Schweiz (MACH-Konsumentenumfrage) hat sich die Anzahl der Veganerinnen und Veganer innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Im Jahr 2021 lebten rund 38'000 Veganer/innen in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein, was ca. 0.6% der Bevölkerung entspricht. Die Gründe hierfür sind sehr vielschichtig. Jeder Veganer / jede Veganerin hat seine/ihre ganz eigenen Beweggründe, vollkommen auf tierische Inhaltsstoffe zu verzichten. Die drei Hauptaspekte liegen aber auf der Hand: Gesundheit, Umwelt und Tierwohl. Im Kern verbirgt sich somit meist auf die eine oder andere Weise die Nachhaltigkeit.
In unserem Interview mit Bettina Huber, Mitglied vom Team Swissveg, erfahren Sie noch weitere spannende Hintergründe zum Thema Veganismus. Swissveg ist die grösste Interessenvertretung vegan und vegetarisch lebender Menschen in der Schweiz.
Bettina Huber, wer sich mit dem Thema Veganismus auseinandersetzt, dem begegnen früher oder später so einige Fragezeichen. Was ist Veganismus eigentlich genau?
Es existiert keine einheitliche Definition des Begriffs «Veganismus». Grundsätzlich versteht man darunter, dass weder Fleisch noch Fisch, Meerestiere, Milch, Eier oder Honig konsumiert werden.
Eine Umfrage von Swissveg aus dem Jahr 2020 zeigt, dass rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung Flexitarier/innen sind, was heisst, dass sie sich überwiegend oder ausschliesslich vegetarisch oder vegan ernähren. Dabei hat jede Veganerin/jeder Veganer ganz eigene Beweggründe, vollkommen auf tierische Inhaltsstoffe zu verzichten.
Welches sind denn die häufigsten Beweggründe?
Einige Personen leben vegan, weil eine ausgewogene pflanzliche Ernährung einen positiven Einfluss auf ihre Gesundheit hat. Andere wiederum verzichten für den Schutz der Umwelt auf tierische Produkte. Häufig stehen für viele Personen die Tiere selbst im Vordergrund: Tiere werden als Individuen mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen betrachtet, die im Hinblick auf ihre Nutzung durch uns Menschen leiden und oftmals noch als Jungtiere getötet werden. Das Tierwohl scheint als Grund für eine Ernährungsumstellung naheliegend, doch auch für die Umwelt kann eine tierproduktfreie Lebensweise Vorteile haben.
Welche Vorteile sind das?
Es gibt unzählige negative Folgen, die der Konsum tierischer Produkte auf die Umwelt hat: In der Schweiz wird für die Fleischindustrie beispielsweise zu viel Dünger verwendet. Ammoniak und Stickoxide (NOX) tragen wesentlich zur Übersäuerung des Bodens bei. Aus artenreichen und bunt blühenden Wiesen entstehen durch Überdüngung innerhalb weniger Jahre saftig grüne Fettwiesen, die zwar viel Heu liefern, in denen aber nur noch wenige Pflanzenarten wachsen. Die Biodiversität geht verloren. Ammoniak hat jedoch nicht nur verheerende Auswirkungen auf den Boden und die Luft, sondern auch auf die Gewässer. Die Überdüngung bewirkt unter anderem ein unnatürlich starkes Wachstum der Algen, die dadurch dem Gewässer den Sauerstoff entziehen. Dadurch werden wichtige Lebensräume zerstört. In der Schweiz müssen z.B. der Sempachersee und der Baldeggersee wegen Überdüngung mit Sauerstoffgebläsen künstlich «beatmet» werden.
Solche Beispiele mögen eher regional erscheinen, doch ganzheitlich betrachtet liegen wir mittlerweile in einem anderen Bereich – im globalen Bereich.
Können Sie uns da noch etwas mehr zu diesem globalen Bereich sagen?
Ein Beispiel für ein globales Problem, welches durch den Fleischkonsums gefördert wird, ist der beschleunigte Klimawandel. Wir hinterlassen alle einen ökologischen Fussabdruck, welcher zu einem grossen Teil durch unsere Ernährungsweise bestimmt ist. Die Herstellung von tierischen Produkten verursacht in jedem Fall mehr Treibhausgasemissionen als diejenige von pflanzlichen Produkten. Der Grund dafür ist die Verlängerung der Nahrungskette über das Tier, das sich selbst von Pflanzen ernährt. Es ist somit unumstritten, dass die Nutztierhaltung einen grossen Anteil am Treibhauseffekt hat. Besonders problematisch ist die Haltung von Wiederkäuern (Rinder, Schafe) weil in deren Verdauungsapparat Gase (Methan) entstehen, welche in die Umwelt gelangen und diese stark belasten.
Die Nutztierproduktion trägt nachweislich in hohem Masse zu den negativen Klimaauswirkungen bei. Ein weiteres globales Problem ist die Wasserknappheit. Für die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch werden 15'400 Liter Wasser benötigt – eine unvorstellbar grosse Menge, die sich einerseits durch den Wasserbedarf der Tiere, aber auch den Anbau von Futtermittel ergibt. Im Gegensatz dazu benötigt der Anbau von 1 Kg Kartoffeln gerade mal 300 Liter Wasser. Durch den steigenden Konsum an tierischen Produkten wird weltweit immer mehr Wasser in der Landwirtschaft benötigt.
Trotz vielen Vorteilen werden gerade Milchersatzprodukte häufig dafür kritisiert, aufgrund des hohen Wasserverbrauchs und langer Transportwege nicht umweltfreundlicher zu sein, als Kuhmilch. Ist diese Kritik gerechtfertigt?
Teilweise ja, die Mandelproduktion in den riesigen Monokulturen Kaliforniens ist in der Tat problematisch. Die (Bio-)Milch im Handel stammt jedoch meistens aus Europa.
Auch bei Sojamilch gilt: Soja wird oft aus Brasilien importiert. Dafür werden grosse Flächen Regenwald abgeholzt. Der grösste Teil wird jedoch nicht zur Produktion von Sojamilch, sondern als Futter für Nutztiere verwendet. Das Soja, das zu einem Pflanzendrink verarbeitet wird, stammt meistens aus Europa (z. B. Frankreich oder Italien). Am besten schneidet die Hafermilch ab: Es wird wenig Land benötigt und die Transportwege sind kürzer.
Eine vegane Ernährung kann also umweltfreundlicher sein als eine Ernährung, welche Fleisch und andere tierische Produkte enthält.
Zum Schluss, können Sie uns noch etwas mehr zur Organisation Swissveg erzählen?
Seit 1993 setzen wir uns dafür ein, den Fleischkonsum dauerhaft zu senken und eine pflanzenbasierte, verantwortungsbewusste Lebensweise als attraktive und gesunde Alternative allen Menschen zugänglich zu machen und zu fördern. Wir setzen an verschiedenen Punkten an: Das wichtigste ist die positive Öffentlichkeitsarbeit. Wir sensibilisieren und klären die Bevölkerung auf: Wir haben eine umfangreiche Homepage und eine App, informieren die Menschen mit unserem monatlichen Newsletter, publizieren das vierteljährlich auf zwei Sprachen erscheinende Veg-Info-Magazin und teilen auf Social Media Wissenswertes rund um die vegane Lebensweise. Ausserdem realisieren wir diverse Projekte (z. B. Go Vegan! und Veggieday) und lancieren themenspezifische Kampagnen.
Nebst der Öffentlichkeitsarbeit ist auch der Einsatz auf wirtschaftlicher und politischer Ebene wichtig. Um den Menschen den Zugang zu einer veganen Lebensweise zugänglich zu machen, arbeiten wir mit diversen Mitteln daran, die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Mit dem Aufbau eines Branchenverbands wollen wir unsere Kooperationen und Partnerschaften verstärken und auch vermehrt mit der Nahrungsmittelindustrie in Verbindung treten – mit der wir dank der Lancierung des V-Labels 1996 bereits in engem Kontakt stehen.
Bettina Huber, herzlichen Dank für diese spannenden Ausführungen rund ums Thema Veganismus.
Mehr zum V-Label, Swissveg und einem gelungenen Start in die vegane Lebensweise erfahren Sie in einem weiteren Blogbeitrag zu diesem Thema.
Weiterführende Links
Tipps für einen gelungenen Start in die vegane Ernährung
Suchen Sie zusätzliche Informationen zum Thema Veganismus und Umweltschutz? Dann besuchen Sie die Website von Swissveg:
www.swissveg.ch
- Autor/in:
- Victoria Dauner
- Tags zum Bericht:
-
Unternehmenskommunikation Vegan
Ähnliche Beiträge
Öffnungszeiten Festtage 2024/2025
Unsere Büros bleiben vom 24.12. bis und mit 26.12.2024 und vom 31.12.2024 bis und mit 2.1.2025 geschlossen.
Damit Sie über die Feiertage gut versorgt sind, bitten wir Sie Ihre Bestellung zur Bevorratung zwischen dem 16. bis 19.12.2024 zu tätigen.
Wissens-ABC: Weshalb bekommt man Schuppen?
Bei unserer Serie Wissens-ABC gehen wir Alltagsphänomenen auf den Grund. Dieses Mal gehen wir der Frage nach, weshalb man Schuppen bekommt.
Was bewegt die ebi im Winter 2024?
Viermal im Jahr fragen wir bei unserem Geschäftsführer Stefan Binz nach, welche Themen im Moment die ebi-pharm gerade bewegen. In dieser Winterausgabe wirft Stefan Binz wie gewohnt einen Blick zurück auf das vergangene Jahr und macht einen Ausblick auf das kommende.
Mit Pflanzenkraft gegen unerwünschte Bakterien
Vom 18. bis 24. November 2024 fand die «World AMR Awareness Week» statt. Zahlreiche Organisationen luden weltweit dazu ein, mehr über den Zusammenhang zwischen Antibiotikaeinsatz und -resistenz zu erfahren.